07/12/09

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Mild und leise
wie er lachelt,
wie das Auge
hold er offnet, -
seht ihr's, Freunde?
Saht ihr's nicht?
Immer lichter
wie er leuchtet,
Stern-umstrahlet
hoch sich hebt?
Seht ihr's nicht?
Wie das Herz ihm
mutig schwillt,
voll und hehr
im Busen ihm quillt?
Wie den Lippen,
wonnig mild,
susser Atem
sanft entweht: -
Freunde! Seht!
Fuhlt und seht ihr's nicht?
hore ich nur
diese Weise,
die so wunder -
voll und leise,
Wonne klagend,
alles sagend,
mild versohnend
aus ihm tonend,
in mich dringet,
auf sich schwinget,
hold erhallend
um mich klinget?
Heller schallend,
mich umwallend,
sind es Wellen
sanfter Lufte?
Sind es Wogen
wonniger Dufte?
Wie sie schwellen,
mich umrauschen,
soll ich atmen,
soll ich lauschen?
Soll ich schlurfen,
untertauchen?
Suss in Duften
mich verhauchen?
In dem wogenden Schwall,
in dem tonenden Schall,
in des Welt-Atems
wehendem All -
ertrinken,
versinken -
unbewusst -
hochste Lust!

Richard Wagner In "Tristan und Isolde" (en bilingue), Aubier Flammarion,
Paris, 1974, pp 238 - 240.
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